Ich habe für FLAMENCO DIVINO über das LGBTQ-Performance-Festival Out-in-the-tropics geschrieben, hier schreibe ich ein paar weitere Gedanken dazu – und ich wäre heute jedenfalls gerne in Miami! Das Festival „Out in the Tropics“ hostet eine außergewöhnliche Performance-Serie, in der laut Presseaussendung „einzigartige, wagemutige und künstlerisch herausragende Werke von den derzeit innovativsten LGBTQ-KünstlerInnen gezeigt werden“. Teil dieser Performance-Serie sind Werke dieser Flamenco-KünstlerInnen: Juan Carlos Lérida, Belén Maya und Fernando LR Parra.
LGBTQ Flamenco?
Ich würde mich außerdem gerne mit Fernando LR Parra darüber unterhalten, der sich in den letzten zwei Jahren intensiv mit der Frage nach den Geschlechtern, der Sexualität, Mann-Frau und Maskulität im Flamenco auseinander gesetzt hat.
Mich interessieren Rollen-Klischees – vor allem auch dann, wenn hinter dem Vorhang sowieso alles anders ist und Tatsachen nur Geschichten waren. Mich fasziniert dann, wie etwas als „muy autentico“ verkauft wird und gleichzeitig so viel Schauspiel enthält. Ha! So ist Flamenco eben. Genau beides gleichzeitig. So war er immer schon. Klein, familiär, echt, schmutzig, im Wohnzimmer. Und hochglänzend, poliert, übertrieben, in der Oper.
Was ich daran gut finde, wenn die drei KünstlerInnen als LGBTQ-KünstlerInnen bei einem Performance-Festival auftreten? Dass sie es tun. Dass sie so bezeichnet werden, weil sie es sind. Andererseits ist ihre Orientierung natürlich Privatsache und irrelevant. Theoretisch irrelevant. In einer aufgeklärten Welt, ja. Oder auch nicht, ich weiß es nicht.
Perspektive queer?
Zeigen die drei FlamencokünstlerInnen Stücke, in denen sie sich mit (ihren) LGBTQ-Themen auseinander setzen? Bewußt Stellung beziehen und Perspektive einnehmen? Ich weiß es nicht, ich habe keines der drei Stücke gesehen. In der Ankündigung steht weder bei Bailografía von Juan Carlos Lérida etwas darüber, noch bei Romnia von Belén Maya. Aber sehr wohl bei Bailar en hombre von Fernando LR Parra, der eine Annäherung an die Maskulinität im Flamenco aus (s)einer queeren Perspektive zeigt.
Hat das irgendwas zu bedeuten?
Für mich bedeutet es: der Flamenco dehnt sich weiter aus. Der Flamenco wird ehrlicher und bezieht Stellung. Also eigentlich: Die Flamenco-KünstlerInnen. Und nein: die Heterosexualität-Klischees im Flamenco halten sowieso nicht, was sie einem manchmal einreden wollen. Daher denke ich: ja, es hat immer etwas zu bedeuten, wenn normales Leben in eine so um Normalität ringende Kunstform eindringen darf. Wenn Menschen schwul, bisexuell, queer, transgender, lesbisch sind, wenn Menschen gute Kunst erschaffen – wenn das zusammenhängt und garnicht zusammenhängt. Aber wenn beides existieren darf als Tatsache. Wenn keines verheimlicht werden muss zugunsten des anderen.
Aber ich weiß: das sind alles nur Gedanken von außerhalb. Aber die will ich auch nicht verheimlichen zugunsten von irgendwas.
Und jetzt: Videos!
Die beiden großartigen Teaser mit Juan Carlos Lérida in PINK!
Und dann noch…
Bailografía. from Juan Carlos Lérida on Vimeo.
Out in the tropics wird von FUNDarte organisiert.