Alle waren nackt auf der Bühne beim Opening des diesjährigen ImPulsTanz-Festivals im MQ. Ok, Dirk Stermann nicht. Auch nicht BM Josef Ostermayer oder der Festival-Leiter Karl Regensburger und genauso wenig der künstlerische Berater Ismael Ivo. ABER SONST ALLE. Und es waren viele, die „hit the boom“ von Doris Uhlich tanzten.
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Ich gestehe: mich langweilt so eine Nacktheit, vor allem im Tanz, in der Performance oder im Theater. Im Bett natürlich nicht.
I <3 die nackte Uhlich
Was mich nicht langweilt ist Doris Uhlich. Selbst wenn sie nackt ist. Weil sie ihre Nacktheit mit Leben füllt. Weil sie ihr Fleisch in den Mittelpunkt stellt bzw. schüttelt und rüttelt. Und weil sie am Punkt ist mit ihren Bewegungen.
Hit the Boom
Mit „Hit the Boom“ hat Doris Uhlich gemeinsam mit vielen TänzerInnen das diesjährige ImpulsTanz Festival im MQ eröffnet. Uhlich als DJane, als Zentrum, als Motor und Taktgeberin. Die TänzerInnen als Körper und Masse, die in unterschiedlichen Konstellationen und choreographischen Sequenzen immer wieder Uhlichs Bewegungen zitieren und weiterführen. Zuerst angezogen, dann nackt. Und dann beginnt mein Fragezeichen.
Warum nackt?
Die Gruppe der TänzerInnen ist für mich persönlich zu wenig facettenreich, zu dünn, zu muskulös, zu „fleischlos“ (?) als dass mich ihr Schwitzen, Springen, Auftürmen, Schwingen und Liegen nackt auf der Bühne wirklich interessiert. Ich frage mich: kann ich einen Punkt erreichen, wo ich nicht mehr einzelne nackte Körper wahrnehme, sondern einen ganzen Körper? Hier fällt mir Georg Blaschkes „Bone Salad“ ein – aber der hat hier auch keinen Platz. Ich erreiche den Punkt nicht. Andere Frage: kann ich irgendwann die Nacktheit einfach nichtmehr wahrnehmen und nur mehr tanzende Menschen sehen – ist mir die Nacktheit irgendwann egal? Das habe ich auch nicht geschafft.
Wellen durchs Fleisch
Und dann zieht sich Doris Uhlich aus, kommt hinter ihrem DJ-Pult hervor und tanzt. Ich erkenne: aha, das haben sie also zitiert, mit ihren Armen, Köpfen, Rümpfen. Nur: bei Uhlich macht es für mich plötzlich Sinn. Wenn sie wackelt, wenn sie schwingt – dann setzt sich ihr Körper in Bewegung, dann durchlaufen Wellen ihr Fett und Fleisch und geben ihrem Tanz einen weiteren Kontext. Dann langweilt mich Nacktheit nicht sondern ist für mich notwendig und klar.
Wenn dann wieder von den TänzerInnen Uhlichs Schüttelbewegungen zitiert werden und sich dabei aber nichts schüttelt, dann weiß ich auch nicht. Dann funktioniert es für mich einfach nicht. Dann schließe ich die Augen und spüre den Bass, der war auch gut und kräftig.
Weißes Puder
Endlich kommt für mich die notwendige Abwechslung und die verschwitzten, nackten TänzerInnen bestäuben sich mit weißem Puder und alles wird schön. Was für eine großartige Idee und Umsetzung, die sie hier aus ihrem Stück „mehr als genug“ (2009) weiterführt! Diese gefühlt tausend Menschen stäuben von ihren Körpern durch akzentuierte, kleine Rucke die Luft voll. Weiße Wolken steigen aus den Rücken heraus, rieseln die Pöpsche herunter, fallen auf Zehen, schweben aus Haaren. Ja, dafür ist verschwitzte Nacktheit wichtig! Das sehe ich ein und halte ich aus.
Zu lange oder zu kurz?
Meine Frage: war das lange Vortanzen notwendige Voraussetzung, um die Episode mit den Puderdosen als genau so wundervoll zu erleben – oder wäre es in kürzerer Zeit gegangen? Uhlich wollte es in der Langversion, mir wars zu lange. Hätte es für mich etwa noch länger sein müssen, um irgendeinen Zustand zu erreichen, damit dann irgendwas eintritt? Welcher Zustand hätte das sein können? Oder ist es einfach so: mir war die Nacktheit der TänzerInnen zu lange, zu unwichtig, zu leer – bis sie mit den Puderdosen tanzten.
Und natürlich hätte ich liebend gerne mehr von Doris Uhlich gesehen und erlebt. Aber da muss ich mir eben ihre Vorstellungen im Rahmen von ImpulsTanz ansehen, zB am 27.7 oder 8.8 Universal Dancer in der Grellen Forelle.
Andere Meinungen
Michaela Preiner schreibt in den European Cultural News ganz was anderes über Hit the boom: https://www.european-cultural-news.com/hit-the-boom-von-doris-uhlich-beim-impuls-tanz-festival/11873/
Helmut Ploebst schreibt im Standard auch wieder was anderes: http://derstandard.at/2000019190025/Hit-the-Boom-Spassfleisch-im-Eigenhautkostuem
Und das steht im Kurier: http://kurier.at/kultur/buehne/boom-tschak-impulstanz-eroeffnet-mit-fetter-performance/141.649.859